Der Aufhebungsvertrag - Mittel zur punktgenauen Beendigung


Grundsätzlich bietet ein Aufhebungsvertrag die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung von Kündigungsfristen oder behördlichen Zustimmungserfordernissen und ohne Rücksicht auf Kündigungsschutzbestimmungen zu einem gewünschten Zeitpunkt zu beenden. Dies gilt auch für Schwangere, schwerbehinderte Arbeitnehmer oder Mitglieder des Betriebsrates oder der Personalvertretung mit Sonderkündigungs- schutz.

Für Arbeitnehmer ist es wichtig, sich die Motivationslage des Arbeitgebers zu verdeutlichen. Schließt der Arbeitnehmer den angebotenen Vertrag nämlich nicht, hat jeder Arbeitgeber, der sich trennen möchte, eine Kündigung auszusprechen, die eines Grundes und der Einhaltung von Fristen bedarf. Falls es in dem Be­trieb ei­nen Be­triebs­rat gibt, muss die­ser vor Ausspruch der Kündigung angehört. Dies gilt nicht für den Abschluss eines Aufhebungsvertrages, da die­ Vor­schrift des § 102 Abs. 1 BetrVG nur für Kündi­gun­gen und nicht für Auf­he­bungs­verträge gilt.

In der Zeit der Kündigungsfrist laufen Kosten auf, die unter Umständen eingespart werden können, sofern der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag akzeptiert. Sehr häufig wird auch der Fall so liegen, dass eine angestrebte Kündigung wegen eines fehlenden Grundes oder bei ordnungsgemäßer Sozialauswahl schlicht nicht möglich wäre. Aus diesem Grund gilt:  Auf keinen Fall ist ein Aufhebungsvertrag unüberlegt in einer Drucksituation zu unterschreiben. Lassen Sie sich beraten!


Formvorschriften und Möglichkeiten

Die Beendigung kann mit sofortiger Wirkung, für einen bestimmten zukünftigen Zeitpunkt oder sogar rückwirkend festgelegt werden, sofern das Arbeitsverhältnis bereits außer Vollzug gesetzt wurde. Wurde das Arbeitsverhältnis aber faktisch gelebt, so ist eine Rückdatierung z. B. zur Einsparung von Sozialabgaben nicht möglich.

Als vertragliche Einigung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer bedarf der Aufhebungsvertrag der Schriftform und der Zustimmung beider Parteien. "Schrift­lich" meint eine Fixierung auf Papier (vgl. § 126 Abs. 2 BGB). Ein Fax­schrei­ben, auch wenn es bei­der­seits un­ter­zeich­net ist, ei­ne E-Mail oder SMS genügen nicht. Erst recht reicht es nicht aus, sich münd­lich auf ei­nen Auf­he­bungs­ver­trag zu ei­ni­gen. 

Ein Aufhebungsvertrag kann unwirksam sein, falls er unter Missachtung des Gebots des fairen Verhandelns zustande gekommen ist. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sich der Arbeitnehmer bei Abschluss des Vertrages in einer psychischen Drucksituation befunden hat, die der Arbeitgeber geschaffen und dann ausgenutzt hat, so dass eine freie und unbeeinflusste Entscheidung des Arbeitnehmers unmöglich war.

https://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&pm_nummer=0006/19


Kein Anspruch auf Abschluss des Vertrages

Ein eigener Anspruch des Arbeitnehmers darauf, dass ein Aufhebungsvertrag geschlossen wird, besteht nicht.


Abgrenzung zum Abwicklungsvertrag

Der Auf­he­bungs­ver­trag ist vom Ab­wick­lungs­ver­trag abzugrenzen. Im Rahmen eines Abwicklungsvertrages regeln die Parteien nach bereits erfolgter Kündigung durch den Arbeitgeber die weiteren Modalitäten der Vertragsabwicklung. Der Aufhebungsvertrag dagegen beendet das Arbeitsverhältnis.


Andere Beendigungsformen des Arbeitsverhältnisses

Sofern der Arbeitgeber einen Beendigungswunsch signalisiert, ist es auch möglich, dass man zu regelnde Punkte, wie eine Freistellung, die Zahlung einer Abfindung, die Erstellung eines Zeugnisses etc. intern regelt und dann nach erfolgter Arbeitgeberkündigung im Rahmen einer sog. Kündigungsschutzklage im Wege eines Vergleiches vor dem Arbeitsgericht protokollieren lässt.

Der Vorteil eines gerichtlichen Beendigungsvergleiches zu einem Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag besteht darin, dass der Arbeitnehmer nach Abschluss des Vergleiches einen Titel in der Hand hält, der für den Fall, dass der Arbeitgeber seinen Pflichten aus dem Vergleich nicht nachkommt, kurzfristig vollstreckt werden kann. Eine eventuell sonst notwendige Zahlungsklage ist nicht erforderlich.


Mögliche sozialversicherungsrechtliche Nachteile / Abfindung


Dadurch, dass der Arbeitnehmer bei Abschluss des Aufhebungsvertrages aktiv an der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mitwirkt, verhängt die Agentur für Arbeit in der Regel eine Sperrzeit beim Bezug vom Arbeitslosengeld. Für diese Sperrzeit ( 3 - 12 Wochen) ruhen die Ansprüche auf Arbeitslosengeld.   https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__159.html

Die Sperrzeit kann verhindert werden , wenn der Arbeitnehmer darlegen und beweisen kann, dass der Ar­beit­ge­ber zunächst ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung mit Be­stimmt­heit in Aus­sicht gestellt hat, danach statt der Kündi­gung aber ei­nen Auf­he­bungs­ver­trag mit dem Ar­beit­neh­mer geschlossen hat. In diesem Auf­he­bungs­ver­trag muss die für das ursprüngliche Arbeitsverhältnis geltenden Kündi­gungs­fris­t ein­gehal­ten sein und der Arbeitnehmer darf nur ei­ne Ab­fin­dung von ma­xi­mal ei­nem hal­ben Mo­nats­ge­halt pro Beschäfti­gungs­jahr ent­hal­ten.

https://www.arbeitsagentur.de/datei/fw-sgb-iii-159_ba015166.pdf

Für den Fall, dass ein Anschlussarbeitsverhältnis besteht oder der Ausfall durch die Sperrzeit in die Abfindung eingepreist wird, sind Fragen zu einer möglichen Sperrzeit eher theoretischer Natur.


Wichtige Regelungspunkte

Die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache, sie hängt von den individuellen Gegebenheiten des Arbeitsverhältnisses ab. Maßgeblich sind die Größe und Struktur des Arbeitgebers, die Dauer der Beschäftigung, das Bruttomonatsgehalt, die innere Motivation der Beteiligten, ein etwaig bestehender Sonderkündigungsschutz.

Eine sog. Regelabfindung in Höhe von 0,5 Gehältern pro Beschäftigungsjahr kann nur ein Richtwert sein.  Stets ist nicht nur die Höhe der Abfindung zu betrachten, sondern das Gesamtpaket aus verschiedenen Regelungspunkten, die immer individuell besprochen und angepasst werden sollten.

Zu bedenken sind Regelungen zum

  • Beendigungszeitpunkt, der wenn möglich am Monatsende liegen und unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist festgelegt werden sollte,
  • zur Abfindungszahlung,
  • zum Umgang mit Resturlaub,
  • zum Zeugnis,
  • zu einer Freistellung
  • sonstigen Gehaltsbestandteilen (Weihnachtsgeld, Überstunden, Provisionen, Umgang mit dem Dienstwagen)
  • Aufnahme des Grundes der Beendigung ("auf Veranlassung des Arbeitgebers" / "aus betriebsbedingten Gründen")


Hinweispflichten

Kommt die Initiative für den Abschluss des Aufhebungsvertrages vom Arbeitnehmer, so liegt die Verantwortung, sich über die Folgen und Risiken der Beendigung zu informieren, beim Arbeitnehmer selbst.

Ansonsten ist der Arbeitgeber gehalten, den Arbeitnehmer daüber zu informeren, dass er gem. § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB III verpflichtet ist, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes des Arbeitsverhältnisses bei der zuständigen Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden.

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